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„Klöppeln ist wie eine Sucht …“

Wäschenbeuren / BEN VART 08.06.2012
Ruth Schneider aus Heubach, Edith Hornek aus Hohenstaufen und Ingeborg Laukemann (von li. nach re.) klv?ppeln gemeinsam. Wie’s geht zeigen sie auf der monatlich stattfindenden „Lichtstube“ auf dem Wäscherschloss. Foto: deondo

Ruth Schneider hat einen Spitzenhaushalt. Mit geschickten Fingern klöppelt die Heubacherin Sterne, Deckchen und Vorhänge. Dies zeigte sie jetzt.

In der „Lichtstube“ auf dem Wäscherschloss zeigt die Spitzenklöpplerin Ruth Schneider mit ihren Mitstreiterinnen ihr Handwerk. Einmal im Monat treffen sich in der Schlossstube viele Frauen und wenige Männer, um ihren Hobbys nachzugehen.

Mitten im Raum fädelt Vera Pallas Faden um Faden. Vor ihr spannen sich straff rund zwei Meter lange Fäden unterschiedlicher Farbe. Die 77-jährige Göppingerin webt mit erstaunlicher Geschwindigkeit ein Band: Schwarzer Grund mit beidseitig rotem Rand und weißer Inschrift: „Masuren“ steht da akkurat eingearbeitet. Und „Samland“, eine Halbinsel in Ostpreußen, wo Vera Pallas geboren wurde. Viele Motive nimmt sie dort her.

Vor fünf Jahren begann die einstige Amtsbotin mit der Bandweberei. In Bad Pyrmont belegte sie einen Kurs. Nun webt sie nicht nur regelmäßig in der Lichtstube Bänder, aus denen unter anderem Lesezeichen entstehen, sondern informiert auch sachkundig.

Ruth Schneider ist keine geborene Klöpplerin. Sie lernte es vor Jahren in der Volkshochschule in Schwäbisch Gmünd, berichtete sie. Inzwischen seien sogar ihre Enkel davon entzückt und verlangten immer wieder: „Oma klöppeln!“ Auch Edith Hornek aus Hohenstaufen, die die Spitzenklöppelei erst seit knapp drei Monaten betreibt, ist ganz begeistert: „Ich steh auf Spitze. Die find ich wunderschön.“

Dutzende von Nadeln halten die Fäden auf einer Papprolle, die einst mit Heu, Schafwolle oder „je nachdem, was man früher im Haushalt so hatte“, gefüllt ist. Jeder Faden ist auf einem Klöppel gewickelt. Dutzende dieser kleinen hölzernen Dinger liegen aufgereiht auf der Rolle und durch drehen, kreuzen, knüpfen, schlingen werden die Fäden dauerhaft miteinander verbunden.

Klöppeln ist eine uralte Handarbeit. Schon der holländische Barockmaler Jan Vermeer (1632-1675) setzte ihr mit seinem Bild „Die Spitzenklöpplerin“ ein Denkmal.

An einem anderen Tisch im Obergeschoss des Wäscherschlosses strickt Estella Barz aus Ebersbach an einer Puppe. Die rosafarbenen Beine mit den Knubbelfüßen sind schon fertig. Vorlagen, Ideen und Tipps dafür findet sie unter anderem in einem Buch der beiden Schweden Carlos Zachrison und Arne Nerjordet. An ihre erste Strickpuppe wagte sich Estella Barz erst nach langem Zögern. Nach Tüchern, Socken, Schals, Jacken und Decken wollte sie das nicht auch noch anfangen. Obwohl ihre Tochter darum bettelte. Ihr Widerstand brach aber schon nach wenigen Tagen zusammen: „Es ist wie eine Sucht.“

Info Mehr über das Wäscherschloss und das monatliche Treffen in der „Lichtstube“ unter www.waescherschloss.de/Veranstaltungen.

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