
Göppingen. Ein Abend unter Sonnenschirmen, zwischen Gartenmöbeln, Sonnensegeln und Paletten: Draußen regnet es, auf der Bühne spielen vier Vollblutmusiker im Livestream auf Youtube. Schlagzeuger Reiner Oliva, Bassist Helmut Siegle, Pianist Harald Schwer und Sängern Vlady Vitaly kamen auf Einladung der Göppinger Jazz-IG in die scherzhaft „Lamber‘s Music Hall“ genannte Halle des auf die Herstellung und den Vertrieb von Marktschirmen und Verkaufslösungen spezialisierten Paul Lambert. Als Mäzen und Liebhaber von Jazz unterstützt er nicht nur die Jazz-IG, auch die über die Grenzen des Kreises hinaus bekannte „Lumberjack-Bigband“ unter Alexander Eissele hat dort einen Stammplatz. Dabei ist die phonetische Ähnlichkeit zwischen „Lumberjack“ und dem Namen des Firmeninhabers Paul Lambert rein zufällig.
Zum in der Coronazeit inzwischen regelmäßigen Livestream der Jazz-IG waren am Mittwoch „Reiner Oliva & Friends“ eingeladen. Neben „Gastgeber“ Reiner Oliva am Schlagzeug stand Helmut Siegle am Kontrabass, Harald Schwer saß am Piano und Sängerin Vlady Vitaly war die Herrscherin über das Mikrophon. Man kann durchaus sagen, dass die 31-jährige Frau aus St. Petersburg den „Schuppen rockte“.
Obwohl kein Rock auf dem Programm stand, sondern U-Jazz. Unterhaltungsjazz mit Standards aus den 20er, 30er und auch 40er Jahren. Dem „Basin Street Blues“ verlieh Vlady Vitaly eine ganz eigene Stimmung und als sie gemeinsam mit Reiner Oliva das besonders durch Frank Sinatra bekannt gewordene „The Lady is a Tramp“ sang, konnte man sich sehr gut vorstellen, dass sie sich in früherer und späterer Zukunft löst und womöglich als „Lady des Blues“ ganz eigene, erfolgreiche Wege beschreiten wird.

Mit Pianist Helmut Schwer im Duett bot sie eine besonders empathische Version von Thelonius Monks „Round Midnight“ dar, die das wenige Publikum emotional ausgesprochen berührte.
Bevor das aber geschehen durfte, mussten sich alle Mitwirkenden, Musiker wie die Techniker des Vereins, Tonleute, Kameramänner, Regisseurin im Vorfeld einem Corona-Schnelltest unterziehen. Erst als klar war, dass niemand diesen kleinen, unsichtbaren, teuflischen Virus einschleppt, ging es in den zum Studio verwandelten Ausstellungsraum, der vor allem mit den zahlreichen aufgespannten Sonnenschirmen und Sonnensegeln eine angenehme und ausgesprochen klangvolle Akustik dieses stimmungsvollen Abends bot. Auch wenn letztlich der gutgemeinte und viel gespendete Applaus von nur einem guten Dutzend Zuhörern nicht den des Publikums eines Live-Konzerts ersetzen konnte.
„Reiner Oliva & Friends“ war das elfte Konzert, das die Jazz-IG im Livestream produzierte. Für ihr Engagement wurde der 58 Mitglieder starke Verein, der sich aus den Mitgliedsbeiträgen (derzeit 80 Euro im Jahr) und Spenden finanziert jetzt gefördert. Die Mitteilung kam am Mittwoch: „Die Göppinger Jazz-IG zählt zu den 37 Kulturprojekten in Baden-Württemberg, die vom Bund aus dem Zukunfts- und Rettungsprogramm „Neustart Kultur“ und von der Gemeinschaft der Kulturstiftungen der Länder finanzielle Unterstützung erhalten“, teilte die frisch gewählte CDU-Landtagsabgeordnete Sarah Schweizer mit.
Für das bundesweite Förderprogramm hatten sich insgesamt 677 Projekte beworben. Unterstützt werden Kultureinrichtungen bei der Entwicklung digitaler Angebote und der Anschaffung der dafür notwendigen Technik. Die Jazz-IG wurde damit für ihr Engagement belohnt, wöchentlich jeweils Mittwochs ein Konzert im Livestream zu produzieren und engagierten Musikern eine Plattform in Zeiten zu bieten, in denen öffentliche Auftritte nicht oder nur eingeschränkt möglich sind.
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